Heimkehr in die Heimat
Leben
In Kühnau wollte er begraben sein...
Paul Petras starb am 25. Januar 1941 in Köln-Buchforst, im Haus seiner ältesten Tochter Elfriede Beer, geb. Petras. Sein plötzlicher Tod löste eine Welle von Beileidsbekundungen aus. "Alle haben seine Heimatliebe, seine Treue, seine Güte, seinen Forschungswillen, seine geistige Frische, seinen Humor hervorgehoben", schrieb Elfriede Beer an ihre Schwester Ruth. Das "Grünberger Wochenblatt" brachte einen schwarz gerahmten Beitrag mit Bild und der Überschrift: "Des Sängers Mund ist stumm." -
Der Wunsch des Dichters war es, in der geliebten Heimat beerdigt zu werden. Unter großer Anteilnahme der Kühnauer Dorfbevölkerung und zahlreicher ehemaliger Schulfreunde aus Grünberg wurde seine Urne am Montag, dem 16. Februar 1941, auf dem damaligen evangelischen Friedhof neben dem Grab seines Vaters Eduard bestattet. In Anwesenheit der Kinder Elfriede, Anneliese, Ruth und Erich von Paul Petras und weiterer Familienangehöriger würdigte der Kühnauer Schullehrer Helmut Webers den verstorbenen Heimatdichter mit einfühlsamen Worten (s. "Sterb ich in Tales Grunde..."). Bürgermeister Fritz Irmler sprach, als er die Urne der Erde übergab, den Satz: "Dein Geist ist im Himmel, deine Asche in der Heimaterde!"
Die jüngste Tochter des Dichters, Ruth Scheuren, geb. Petras, hatte zur Bestattung ganz im Stil und im Sinne ihres Vaters einen Nachruf gedichtet und vorgetragen:
"Dein treues Vaterherz stand still.
Wir konnten weinend es nicht fassen,
Dass nun das Schicksal es so will -
So plötzlich hast Du uns verlassen.
So friedlich lagst Du dort.
Ein Lächeln fast verklärte Dein Gesicht,
Als sprächest Du: Bin ich auch fort,
Mir geht es gut, o weinet nicht.
Nun bist Du dort bei deinen Ahnen.
Dein treues Herz vergaß sie nie.
Und in uns klingt ein leises Mahnen
"O liebt die Heimat, lebt für sie."
Für Grünberg, Stadt in Schlesiens Gauen,
Umkränzt von Hügeln sanft und schön,
Für die Dein Lied erklang, die schönen Auen,
Die immer Du im Geist von Dir geseh'n.
Dein Leib versank im Flammentod.
Die Asche nun der Heimaterde sich vermähle
Und in der Zukunft Morgenrot
Begleitet uns Dein Herz und Deine Seele."
R. Scheuren
Sterb' ich in Tales Grunde...
Sterb' ich in Tales Grunde will ich begraben sein,
Singt mir zur letzten Stunde beim Abendschein:
"Dir, mein stilles Tal, Gruß zum letzten Mal!"
Ansprache des Kühnauer Dorflehrers
Helmut Webers
"Zum letzten Gruß sind wir heute in dieser Gemeinschaft auf dieser Stätte zusammengekommen, zum letzten Gruß für den Dichter unserer Heimat, Dr. Paul Petras, der am 25.1.41 in weiter Ferne von uns die Augen für immer schloss.
Die Kunde von Deinem Ableben rief auch in unserer Gemeinde, der Du so zugetan warst, und die Dich verehrte, Trauer hervor. Doch in dieser Trauer zeigte sich auch der Stolz, dass Du einer der Unsrigen bist und warst. Der Name Dr. Paul Petras ist und wird immer verbunden sein mit unserem Heimatdorfe. In dieser Gemeinde hast Du gelebt, die schöne und glückliche Kinderzeit hast du hier verleben dürfen.
Im Jahre 1862 kam sein Vater auf seinen Wunsch als Lehrer nach Kühnau, um hier 150 Kindern ein guter und gerechter Lehrer zu sein. Kurze Zeit vorher hatte der liebe Entschlafene in Grünberg das Licht der Welt erblickt. Nun wurde das alte Schulhaus seine neue Heimat. Zur Freude seiner Eltern wuchs der kleine Knabe heran. Jedermann in der Gemeinde hatte ihn lieb. Ein jäher Schrecken ging durch die Gemeinde, als man hörte, dass er beinahe im Hofe des Gottlob Irmler ertrunken wäre. Sein Vater rettete ihn. Ein andermal ging der Engel des Todes an ihm dicht vorbei, als er zur Zeit der Schneeschmelze 1865 im Dorfteich beim Spiel beinahe ertrunken wäre. Hermann Kliche aus Kühnau war hier sein Retter.
Durch seinen Vater erhielt er seinen ersten Unterricht. Er war ein geweckter und begabter Schüler. Durch den Tod seines Vaters veranlasst, zog die treu sorgende Mutter mit ihren Kindern nach Grünberg. Frau Sorge, schon früher ein Gast in der Familie, sollte nun eine ständige Begleiterin bleiben. Gönner verhalfen dem geweckten Knaben zur Vollendung seines Studiums. Der Leiter der damaligen Realschule in Grünberg, dessen Schüler er war, verschaffte ihm eine volle Freischule und eine Hilfssumme zur weiteren Ausbildung. Durch seinen Fleiß hatte er diese Anerkennung vollkommen verdient.
Nach bestandenem Abitur verließ er die Stadt Grünberg. Graudenz, Breslau, Bromberg, Berlin, Konitz, Hamburg, um einige zu nennen, sind Stätten seines segenreichen Wirkens. Freud und Leid hat unser Paul Petras in seinem Leben reichlich wechseln sehen. Recht schwer war der Verlust seines ältesten, hochbegabten Sohnes, Hans Petras, der im Weltkrieg 1916 an der Somme sein Leben für uns alle gab. 1919 starb die treue Lebensgefährtin.
Wenn auch zu Zeiten das Trübe überwog, er hat sich doch niemals niederzwingen lassen. Trotz aller wechselvollen Geschicke hat er immer an seine alte Heimat, an unser Heimatdorf gedacht. Seine Liebe und seine Treue zur Heimat waren vorbildlich. Bis in die letzten Jahre schickte er uns seine Lieder, seine Gedichte. Immer wieder führte ihn der Weg in seine alte Heimat. Noch im Jahre 1939 besuchte er unser Dorf, seine Freunde, seine Bekannten. Mag auch unser Dorf im äußerlichen Gepränge sich verändert haben, sein dichterisches Auge sah alte, vertraute Bilder, Bilder seiner Kinder- und Jugendzeit.
Der älteren Generation warst Du ein guter und treuer Kamerad, der jüngeren Generation warst Du ein Vorbild für echte Heimatliebe und wahre Heimattreue. Nun bist Du wieder bei uns, in Deiner alten Heimat, die heimatliche Erde wird dich bald aufnehmen. Ich aber rufe Dir, als Sprecher der Gemeinde Kühnau, zum Abschied zu:
Der ist in tiefster Seele treu,
der die Heimat liebt wie Du!
Das Ehrenmal des Heimatdichters im heutigen Chynów
Um der Grabstätte ein würdiges Erscheinungsbild zu geben, entschieden die Kinder des Dichters, seine Ruhestätte in ein Familiengrab umzugestalten. Dazu ließ Elfriede Beer auch die Urne der Mutter Lisbet, der früh verstorbenen Ehefrau von Dr. Petras, nach Kühnau senden, um diese ebenfalls im neuen Familiengrab bestatten zu lassen. Diese Beisetzung erfolgte am 4. April 1941.
Die Familie entschied sich für ein 1,50 Meter hohes Grabmal aus Riesengebiergsgranit, das vom Grünberger Granitwerk Robert Fiedler Nachf. geschaffen wurde. Auf der Vorderseite standen die Zeilen aus der Ballade "Archibald Douglas" von Theodor Fontane, das der Lehrer Helmut Webers in seiner Grabrede abschließend zitiert hatte.
"Der ist in tiefster Seele treu,
der die Heimat liebt wie Du."
Darunter:
Dr. phil Paul Petras
* 10.10.1860 in Grünberg i. Schl.
+ 25.1.1941 in Köln
Auf der linken Seite des Grabmal war zu lesen:
Eduard Petras
* 22.2.1834 in Saabor i. Schl.
+ 20.3.1872 in Kühnau
Auf der rechten Seite:
Elisabeth Petras
geb. Runge
* 26.2.1865 in Beuthen O-S.
+ 7.2.1919 in Hamburg
Johannes Petras
* 14.7.1891 in Breslau
+ 9.9.1916 in Beauvais
Den oberen Abschluss bildete ein aus Stein gehauener Lorbeerkranz.
Das Familiengrab existierte im heutigen Chynów bis in die 1960er Jahre. Es wurde jedoch in dieser Zeit von den damaligen polnischen Behörden im Zuge der Einebnung ehemaliger deutscher Friedhöfe aufgelöst. 1993 erstand auf dem jetzigen Gemeindefriedhof von Chynów dank der Initiative des damaligen katholischen Pfarrers von Chynów, Kanonikus Dr. Henryk Dworak, an prominenter Stelle das repräsentative Ehrenmal von Dr. Paul Petras. Ein sichtbarer Beweis für die unverbrüchliche Verehrung des Heimatdichters bzw. Piewcy Ziemi Zielonogorskiej im heutigen Zielona Góra, dem ehemaligen Grünberg i. Schl.