In Schlesisch
Dichtung > Mundartliches
"Aber 's hat noch treue Seelen aus'm Halben Monde. Mag's nu in Grienberg sein oder weit weg, die wer'n, wenn se die Zeilen lesen, im Stillen sagen: "Ja, 's war doch anne scheene Zeit, die berr dazumal verlebt ha'm." - Aus "Im 'Halben Mond". - Paul Petras "Aus der Heimat"
Aus der Heimat
Gesammelte Geschichten in schlesischer Mundart
Zweite Vermehrte Auflage. Erschienen bei Druck und Verlag W. Levysohn, Grünberg / Schlesien - 1927
Lesetipp: Das klassische Werk von Dr. Paul Petras "Aus der Heimat" liegt jetzt digital vor. Sie können es durchblättern und lesen, wenn Sie auf das rote Cover "Aus der Heimat" klicken. Nutzen Sie den Vollbild-/ Präsentationsmodus in Ihrem Browser. Viel Vergnügen.
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Vorwort zur ersten Auflage.
In der heimatlichen Mundart zu schreiben, das hatte ich schon meiner Grünberger Schülerzeit mit gutem Erfolge versucht. Gedruckt wurde damals allerdings nichts von meinen Versuchen, aber sie haben doch manchem meiner Freunde Spaß gemacht. Und als ich nach Jahren einmal mit dem alten Freunde meines seligen Vaters, dem Buchdruckereibesitzer Ulrich Levysohn, zusammentraf und er mir sagte: "So schönes Grünberger Deutsch habe ich seit Jahren nicht mehr gehört. Sie müssen in diesem Ton ein paar Geschichten schreiben!" - da setzte ich mich hin und schrieb für meine Landsleute in der Grünberger Gegend einige Geschichten, die denn auch im Wochenblatt zum Abdruck gelangten.
Wider Erwarten haben sie weit und breit bei alten Grünbergern Anklang gefunden. Namentlich hat mir die Geschichte vom "Forrn" freundliche Zuschriften eingebracht. Man forderte mich auf, die zerstreuten Blätter in Buchform zu sammeln. Jetzt ist mir das durch Vermittlung des Herrn Landrat Dr. Junghann und durch Entgegenkommen der Levysohn'schen Buchdruckerei in Grünberg ermöglicht, und ich will hoffen, dass dem Roten Kreuze aus dem Verkauf des Büchelchens einige Scherflein zuflieden werden.
Die Mundart meiner lieben Heimat ist, wie alle schlesischen Mundarten, nicht einheitlich wiederzugeben. Wollte ich alles im Grünberger Stadtschlesisch schreiben, dann würde der ländliche Leser zu kurz kommen. Andererseits mochte ich aber auch nicht genau wie der selige Stadtpoet "Boartseidel" schreiben, der sogar die "ua"-Laute der Kämmereidörfer (statt a und oa) und den ä-Laut (statt ei) Im Jahre 1870 in seinen Zeitungsdichtungen verwendete, - ich erinnere nur an das Gedicht von der Eisenbahn:
"Nee wuas ma vun der Aesenbuahn
Su lasen titt und hieren! - - - "
Ich blieb bei der Grünberger Art, statt was "woas" und nicht "wuas", statt mein "mei" und nicht "mä" u.s.w. zu setzen. Ebenso ließ ich die nach i und j ankligenden n- und l-Laute unbezeichnet, die viele Landsleute in Wörtern wie Kinder, Bilder u.s.w. sprechen. Nur da, wo ich einen Dörfler in seiner Urwüchsigkeit sprechen ließ, bin ich mehr vom Gemeinschlesischen abgewichen. Beim Vortrage mag jeder lesen, wie ihm "der Schnoabel" - der "der Schnuabel" gewachsen ist. Auf diese Weise habe ich selbst in dem von mir gegründeten Bromberger Schlesierverein - einer noch heute stets dankbaren Gemeinde, wenn es etwas "Schläsches" zu hören gibt! - in den Jahren 1891 bis 1900 Mundartsachen Holteis, Röslers und anderen mir mundgerecht und den Landsleuten verständlicher zu machen gewusst.
Und so übergebe ich denn meine mundartlichen "Geschichten aus der Heimat" in der vorliegenden Form der Öffentlichkeit mit dem Herzenswunsche: Möchten sie bei allen Lesern die Liebe zur schönen Heimat und zu ihrer Eigenart mehren und kräftigen helfen!
Hamburg, im Kriegsjahre 1916. Dr. Paul Petras
Drei Geschichten in "Schlä'sch" aus dem Sammelbändchen "Aus der Heimat":
Weitere Gedichtel in Schlä'sch...
A Weingärtel("Grienberger Liedel" nach der Weise: "Mei Schatz is a Reiter" - oder nach einer "Schnaderhüpfl-Weise".) Im Grienberger Weinland do misst' jedermoan, ob a reich oder oarm is, A Weingärtel hoan! 's brauch goarnich ernt gruhß sein, an Murgen ock blus, o is ma de grißten Surgen glei lus! Da lurt ma im Friehjohr, ob de Räben schunt grien, und ob de "Gescheine" nich bahlde wern bliehn. Und mitten im Gärtel - 's derft andersch nich sein! - do flanzt ma a niedliches Kerschbeemel rein. Und Flaumbeem' und Aeppel- und Birnebeemel o - doas gibt 'ne schnieweiße Boombliete! - Nu do! A poar Beerensträucher! Und Gurken wull goar! De Kerner in de Kaule, Wu 'ne "Senkgrube" woar! | A klee Goartenhäusel, wu sich's wunderfein sitzt, A Spalier-Firschkenbeemel oan derr Wand gutt geschitzt! Und rund um doas Gärtel an Juchhandelzaun! Do koan sich derr Nachtegoal* sei Nästel drinne baun! Da macht' ma mit Kind und mit Kägel uft naus! Und im Herbst do hoatt's Trauben und Obst viel zum Schmaus. Ach, wenn's doch su sein mecht'! Ja, wenn jedermoan in Grienberg a schmuckes Weingärtel kennt' hoan! P.P. *Eine alte Grünbergerin sagte stets: "Der Nachtegall singt". - Mit Recht; denn nur das Männchen singt. | |
1222 Grünberg 1922
Ahld-Grienberg im Weinloobgewande
Su schmuck und hibsch wie ne Broat!
Du bist im schläschen Lande
Merr vun allen de liebste Stoadt!
Nu sein's Joahrhunderte sieben
Doass de im Leben und Weben
Bist "uff'm Doamm" geblieben -
Und immer noch bliehn deine Reben!
Als Voaterstoadt bist de merr teuer -
Zerscht woarschst de a kleenumpern Nest! -
Vun deinem ältsten Gemäuer
Da soochst de ock bluß noch an Rest!
Zwee Tirme mit kuppernen Hauben
Zwee ahlde Kirchen daneben -
Vom Rothause Bildel mit Trauben
Die toaten wull's mehrschte derleben!
Ahld-Grienberg - viel tausend Summer
Sein deine Bergel schunt grien -
Wons sahgen vun Leed und Kummer
Sje wull schunt verieberziehn! -
Und de Boachen - die rauschenden flinken
Ufft sahgen se tulles Geruder!
Doch sunnige Tage oo blinken -
Ehb se runder rannten zur Uder!
Ahld-Grienberg - Dir hald ich de Treue -
Du woarscht merr a Paradies -
Und oo doas Getriebe doas neue
Gefällt merr halt oo ganz gewieß -
In Sunnenschein und in Stirmen
Magst weiter noch leben und weben -
Der Herrgott moag dich beschirmen
Dass de bliescht imkränzt vun a Reben.
Ahld-Grienberg! - Stets woarschst de gemittlich -
Deine Kinder hoast de gehegt -
Se toaten beim Wein sich gittlich -
Wenn o Sturm in de Häusel moal fegt' -
Und ziehn se oo weit in de Ferne -
Vum biesen Geschick vertrieben -
Se hoom dich do olleswil gerne
Wie de Kinder de Mutter tun lieben!
P.P.